persönlich.com, 21. April 2015

ERFOLGREICHES COMEBACK BEIM ADC.

Die Agentur um Markus Ruf und Danielle Lanz sicherte sich gemäss dem ADC-Medaillenspiegel 16 Würfel sowie einen «Evergreen»-Würfel (zählt wie Gold), dazu kommen 22 Shortlistplätze. Dies ergibt ein Gesamttotal von 39 Auszeichnungen. Damit ist Ruf Lanz die meistausgezeichnete Agentur beim ADC 2015. persoenlich.com befragte die Agenturinhaber Markus Ruf und Danielle Lanz zum Erfolg, die Gratulation von Bligg und den fehlenden Goldwürfel in den «klassischen» Kategorien.

Herzliche Gratulation zu den Erfolgen beim diesjährigen ADC. Welche von den vielen Auszeichnungen hat Euch am meisten gefreut?

Ruf: «Der Evergreen für die Suva-Unfallpräventionskampagne freut besonders. Damit wird laut ADC nicht die kreative Einzeltat ausgezeichnet, sondern Kampagnen, die ‹seit mindestens 3 Jahren strategisch und kreativ höchstes Niveau vorweisen›. Im Fall der Suva-Kampagne sogar seit 13 Jahren. In diesem Zusammenhang ein grosses Dankeschön an die SuvaLiv-Werbeverantwortliche Susan Huber-Brun. Sie erkennt gute Ideen auch im zarten und leicht angreifbaren Layout- und Storyboard-Stadium. Sonst gäb’s keine Suva-Spots wie das Fussballstadion voller Verletzter.»

Obwohl Ruf Lanz punktemässig die erfolgreichste Agentur ist, gingen die vier Goldwürfel an Publicis, Hinderling Volkart, The Workshop und FCB Zürich. Ist dies ein grosser «Schönheitsfehler»?

Lanz: «Nein, eher die logische Folge des Evergreens. Wir haben diesen sehr früh erhalten, bevor Gold vergeben wurde. Ein Evergreen hat beim ADC den gleichen Status wie Gold und gibt gleich viele Punkte im Kreativranking. Da wussten wir: Jetzt wird es schwierig bis unmöglich, auch noch Kategorien-Gold zu gewinnen. Bei der Kampagne für die Welti-Furrer-Kunsttransporte waren wir gefühlt etwa eine Stunde im Ausstand, aber die Jury konnte oder wollte sich nicht mehr zu Gold durchringen. Also gab’s bei Anzeigen und Plakaten halt kein Gold.»

Es fällt überhaupt auf, dass in vielen relevanten Kategorien wie Anzeigen, Plakate, Direktmarketing oder Kampagnen gar kein Gold vergeben wurde. Wie beurteilen Sie das?

Ruf: «Es ist berechtigt, dass man eine hervorragend gemachte Website wie jene der Swiss in der Digital-Craft-Kategorie mit Gold auszeichnet. Hinderling Volkart macht im Online-Bereich einen exzellenten Job! Mein Korrekturprogramm macht aus ihnen übrigens konstant Hinderling Vollbart, was schwer hipstermässig klingt. (lacht) Wenn man am Ende aber sieht, dass zwei von nur vier Goldwürfeln an umsetzungs- statt ideengetriebene Arbeiten gehen, darf man sich fragen: Wohin geht die Reise? Unseres Erachtens sollte der ADC der Club sein, der auch die grandiosen Werbekampagnen entsprechend würdigt. Im Idealfall solche, die man schon vor der Jurierung mal gesehen hat.»

Lanz: «Wer je eine ADC-Awardjurierung erlebt hat, weiss zudem: Die Abstufung zwischen Gold, Silber und Bronze ist keinesfalls in Marmor gemeisselt, sondern sehr fliessend. Kreativität ist keine exakte Wissenschaft, sondern ein weites Feld. Das öffnet Tür und Tor für subtilste Geschmacksdiskussionen.»

Wie werden ADC-Würfel von der Aussenwelt wahrgenommen?

Ruf: «Unsere Kunden haben sich darüber gefreut. Wie sie sonst wahrgenommen werden, weiss ich nicht. Ich glaube, wir Werber neigen dazu, die Wirkung des eigenen Tuns gelegentlich etwas zu überschätzen.»

Wie schafft es eine Agentur wie Ruf Lanz mit einem doch kleinen Mitarbeiterstand, über mehr als ein Jahrzehnt auf diesem Top-Niveau zu überleben?

Ruf: «Vielleicht ist die Erfolgsformel, dass wir uns unter dem Jahr schlicht keine Gedanken über den ADC machen. Unsere Haltung ist: Kein Mensch hat auf Werbung gewartet. Es braucht immer eine Idee, welche die Botschaft so überraschend und unterhaltsam verpackt, dass das Publikum sie überhaupt hören möchte. Darum bemühen wir uns mit viel Herzblut für unsere Kunden. Was wir nicht machen, sind Arbeiten, die nur für Awardshows fabriziert werden. Wegen Ruf Lanz musste die Wahrheitsfindungskommission des ADC, die ich nur schon für ihren sperrigen Namen liebe, in all den Jahren noch kein einziges Mal tagen.»

Wie haben die andern Agenturen auf diese Medaillenflut reagiert?

Ruf: «Viele Kolleginnen und Kollegen haben uns am Samstag an der ADC-Gala fröhlich gratuliert. Besonders gefreut hat uns ein Kompliment von Bligg während der Jurierung für die Welti-Furrer-Kunstkampagne.»

Apropos Bligg: Wie war der bekannte Musiker als Gastjuror?

Ruf: «Sehr gut, weil erfrischend direkt, mit einer unverkrampften Aussensicht und zudem auf kluge Art volksnah in der Argumentation.»

Wie ist momentan die Bereitschaft der «Kunden» nach kreativer Werbung?

Lanz: «Diejenigen, die zu Ruf Lanz kommen, kommen in der Regel, weil ihnen eine Arbeit von uns im Alltag aufgefallen ist und gut gefallen hat. Viele berufen sich auf die populären Kampagnen für die VBZ, Suva, Hiltl, Milch oder Bank Coop. Das ist eine gute Ausgangslage, weil man bereits ein gewisses Werbeverständnis teilt. Die Stunde der Wahrheit kommt dann aber immer an der Präsentation.»

Wie schätzen Sie momentan den Werbemarkt ein? 

Ruf: «Der Preisdruck nimmt laufend zu. Das Vorgehen, das neulich vom BSW in Zusammenhang mit dem SBB-Pitch öffentlich thematisiert wurde, passt leider in dieses Bild. Als ÖV-Fan fahre ich demnächst auch mal gratis einige Strecken auf dem schönen SBB-Netz ab, um herauszufinden, welche mir zusagen und welche nicht.»

Letztes Jahr haben Sie den ADC «boykottiert» (persoenlich.com berichtete). Rückblickend gesehen, hat sich dies gelohnt?

Lanz: «Wir haben den ADC nicht boykottiert, wir haben einfach nicht mitgemacht. Das ist ein Unterschied. Ob es sich gelohnt hat? Ja. Denn wir haben mit den so freigewordenen Ressourcen andere spannende Projekte realisieren können.»

Ruf: «Ruf Lanz ist ja die einzige inhabergeführte Schweizer Agentur ausser Wirz, die in grösserem Stil Arbeiten beim ADC einreicht. Alle anderen relevanten Agenturen sind Netzwerkagenturen. Als angestellter CD in einer Netzwerkagentur würde ich vermutlich auch sagen: Alles einreichen, mal sehen, was hängen bleibt. Ist ja nicht mein Geld. Als Unternehmer hingegen stellen wir uns jedes Jahr die Frage: Ist es eine kluge Investition? Wird einigermassen fair juriert? Oder um es mit einem der 3Q zu sagen, die an der Jurierung angewendet werden: Macht es Sinn?»

Interview: Matthias Ackeret