persönlich.com, 8. Dezember 2019
2019 WAR DAS JAHR DES SCHWEINS.
Ein erfolgreiches Jahr: Markus Ruf liegt auf der Weltrangliste der Copywriter auf dem sensationellen ersten Platz. Welche Idee hätte er gerne selbst gehabt? Ein Gespräch über Komplimente, Künstler und Kanäle – kurz vor dem Abflug an die Sonne. Markus Ruf ist Mitinhaber und Creative Director von Ruf Lanz. (Bild: zVg.)
Interview: Edith Hollenstein
Herr Ruf, was für einen Claim geben Sie dem Jahr 2019?
«Das Jahr des Schweins.» Denn am 5. Januar 2019 begann im chinesischen Horoskop, das ich jeweils in meine Neujahrsansprache in der Agentur einbaue, das Jahr des Erdschweins. Ein Glücksbringer, der nicht nur für wirtschaftlichen Erfolg steht, sondern auch für soziales Engagement, Teamgeist und vergnügliches Zusammensein. Das war alles drin im 2019.
Was sind rückblickend Ihre Highlights?
Das Jahr fing ziemlich gut an – auch für «persönlich»: mit Gold in der Kategorie Digital Out of Home beim Swiss Poster Award für die Anagramm-Kampagne. Kurz darauf gab es Gold vom ADC für die Swiss Life Gratulationsaktion «Kunde seit 100 Jahren». Offenbar fiel diese Arbeit nicht nur dem rüstigen Jubilar und den NZZ-Leserinnen und Lesern positiv auf, sondern auch den Juroren beim Clio, D&AD, Epica und London International Award. Auch für langjährige Kunden wie VBZ, Suva oder Hiltl sowie für neue Mandate wie BFU/AXA entstanden 2019 pointierte neue Kampagnen.
Und gibt es ein Highlight, das Ihnen persönlich in besonderer Erinnerung bleiben wird?
Ein Galerist an der Art Basel hat mir auf seinem Smartphone erfreut die Plakatkampagne für Welti-Furrer Fine Art Transport gezeigt, die er am Bahnhof fotografiert hatte. Er wusste nicht, dass sie von uns stammt. Die Kunstszene ist eher werbekritisch, darum hat uns dieses Kompliment direkt aus der Zielgruppe besonders gefreut.
In der aktuellen Weltrangliste der Branchenbibel Lürzer’s Archive rangiert Ruf Lanz als einzige Schweizer Agentur unter den Top 50 der Welt – aktuell auf Rang 8 zwischen Bartle Bogle Hegarty, London und Wieden + Kennedy, Portland. Wie wichtig ist diese Klassierung?
Sie ist vor allem eine Bestätigung unserer Haltung, für möglichst alle Kunden überraschende, unterhaltsame Kampagnen zu kreieren. Denn für das Ranking von Lürzer’s Archive zählt jede aufgenommene Kampagne nur einmal. In anderen Kreativrankings kann man dagegen auch nach vorne kommen, indem man eine einzige tolle Arbeit kreiert, diese vom ADC bis zum Golden Bone of Zimbabwe überall einreicht und so ein Jahr lang fleissig Punkte sammelt. Und dies nicht selten völlig losgelöst vom realen Geschäft.
Sie selber liegen bei den Textern/Konzeptern auf dem sensationellen 1. Platz der Weltrangliste. Welche Arbeiten haben massgeblich dazu beigetragen?
Zuletzt die Kampagnen für die VBZ, Swiss Life, Hiltl, Suva, Welti-Furrer Fine Art Logistics, Museum Haus Konstruktiv, Ex Libris, Autismus Forum Schweiz und Tier im Recht. Sensationeller ist aber der 2. Platz unserer Art Directorin Isabelle Hauser im Ranking der Art Directors. Denn seit sie Mutter geworden ist, arbeitet sie nur noch 60 Prozent.
«Wir wollen Botschaften überraschend inszenieren», haben Sie im Frühling im Videointerview gesagt. Bei welchen Arbeiten aus diesem Jahr ist dies besonders gut gelungen?
Wer nicht überrascht, wird schlicht nicht wahrgenommen. Kann also auch kein Interesse wecken, keine Sympathie gewinnen und keine Botschaft an Mann und Frau bringen. Ein Schicksal, das wir jedem Auftraggeber ersparen möchten. Stellvertretend möchte ich hier unsere drei jüngsten Kampagnen nennen: Die in sich gekehrten Matrjoschkas für Autismus Forum Schweiz – eine wunderbar reduzierte Idee von Danielle für ein komplexes Thema. Die Hiltl-Kampagne «Kein Tier im Visier», die während der Jagdsaison den Geschmack von Vegetariern und Veganern getroffen hat. Und die soeben lancierte Kampagne für «Give Children a Hand», welche die neuen Schweizer Banknoten kreativ nutzt, um Spenden für Kinder ohne Hand zu sammeln. Diese Arbeit ist übrigens selber eine Spende, weil wir das Engagement von Gründer Michel Fornasier sehr schätzen.
Welche Idee einer anderen Schweizer Agentur hätten Sie gerne selber gehabt?
«50 years of Big Mac» von TBWA\Zürich für McDonald’s, weil schlau gedacht und hervorragend gemacht. Dann «Alle sind gleich. Niemand ist gleicher» von Thjnk Zürich für Pro Infirmis, weil Menschen mit Behinderung hier als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft gezeigt werden – und dies sehr warmherzig und humorvoll. Auch «Read upright» von Heimat Zürich für Kieser finde ich stark.
Was waren für Sie die grössten Herausforderungen im Jahr 2019?
Eine Herausforderung ist sicher die heutige Flut an möglichen Kanälen. Manche erliegen der Versuchung, in jedem Kanal ein bisschen präsent sein zu wollen – anstatt in den für die jeweilige Aufgabe geeigneten Kanälen richtig. Dies führt zu einer Verzettelung der Budgets und einer Verflachung der Kreation. Am Ende ragt kein Medium und keine Umsetzung wirklich heraus. Weniger wäre deshalb oft mehr. Interessanterweise nutzen gerade jene Unternehmen, die vom Onlinevertrieb leben, die grossen Bühnen wie Out of Home und TV besonders intensiv und kreativ. Siehe Digitec und Galaxus.
Was wünschen Sie sich fürs 2020?
Im Advent darf man ja hemmungslos wünschen. Also: Danielle wünscht sich das Prada-Mandat und ich mir jenes von Porsche. Honorierung ausnahmsweise auch in Form von Sachwerten denkbar.
Was erwarten Sie vom 2020?
Viel lustvolle Arbeit, denn im Januar geht es los mit der Konzeption einer neuen Kampagne für die ETH Foundation sowie einer neuen nationalen Präventionskampagne gegen Sportunfälle – beides interessante neue Mandate. Zudem ist noch ein Medienprojekt offen, das uns sehr reizen würde.
Wie verbringen Sie Weihnachten und Neujahr, respektive wie tanken Sie neue Energie fürs 2020?
Ich bin nicht so der Weihnachtstyp. Spätestens, wenn die Weihnachtsbeleuchtung in der Löwenstrasse eingeweiht wird und die dafür aufgebotene Band unter meinem Büro «Last Christmas» singt, befällt mich Fernweh. Darum geht es ab 13. Dezember nach Singapur. Weihnachten und Neujahr werden meine Liebste und ich in Malaysia verbringen. Im Handgepäck etwa auch Bücher von Michel Houellebecq (Serotonin), Niko Stoifberg (Dort) und Bernhard Schlink (Olga).
In der Serie «Persönlichkeiten 2019» lassen wir Menschen, die 2019 von sich reden machten, nochmals zu Wort kommen.
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