persönlich.com, 21. Mai 2024
Bei pointierten Lösungen ist immer jemand empört.
Markus Ruf und Danielle Knecht-Lanz brechen für den guten Ruf der Schweizer Werbung international eine Lanze. (Bild zVg)
Ruf Lanz ist im globalen Kreativranking von Lürzer’s Archive als einzige Schweizer Agentur ganz vorne dabei: auf Rang drei. Markus Ruf und Danielle Knecht-Lanz über das Topresultat, den Abschied vom ADC und rot-grüne Fundis.
von Matthias Ackeret
Danielle Knecht-Lanz, Markus Ruf, was bedeutet der Erfolg im Lürzer’s-Archive-Kreativranking für Sie?
Markus Ruf: Seit Danielle und ich in die Branche eingestiegen sind, begleitet uns Lürzer’s Archive. Die Kuratoren schaffen es bis heute, aus dem leider oft staubtrockenen Werbekuchen die Rosinen herauszupicken. Von dieser Branchenbibel in der gleichen Liga wie Mother, Abbott Mead Vickers oder Bartle Bogle Hegarty klassiert zu werden, ist eine Riesenehre.
Sie, Markus Ruf, liegen sogar auf Rang eins bei den Creative Directors und bei den Copywritern. Was sagen Sie dazu?
Ruf: Da fehlen sogar mir für einmal die Worte!
Eine Steigerung ist kaum mehr möglich. Was wäre für Sie die nächste Herausforderung?
Knecht-Lanz: Die nächste Herausforderung ist immer das nächste Briefing. Man beginnt jedes Mal wieder bei null, brütet vor dem weissen Blatt Papier, sucht nach frischen, unverwechselbaren Ideen – und hofft, dass der Auftraggeber diese am Ende honoriert und sie nicht im Gremium zu Tode diskutiert.
Sie haben sich 2024 von vielen Awards verabschiedet, darunter auch vom ADC. Was sind die Gründe?
Knecht-Lanz: Wir haben in all den Jahren viel in den ADC investiert: viel Zeit, viel Herzblut, viel Geld und ab und zu auch viel Nerven. Markus engagierte sich zudem jahrelang ehrenamtlich im Vorstand und Präsidium. Nach rund 30 Jahren Mitgliedschaft und über 1000 Auszeichnungen wurde es ein wenig wie Dinner for One an Silvester: same procedure as every year. Der richtige Zeitpunkt, um sich als Einsender zu verabschieden und die Ressourcen anders einzusetzen.
Es gab kein Zerwürfnis?
Ruf: Nein. Ohne den ADC wäre ich wohl nicht in diese Branche eingestiegen. 1984 bekam ich zufällig ein ADC-Jahrbuch in die Hände. Da schrieb ein gewisser R. Weber für das Bauunternehmen Toggenburger die grandiose Zeile «Eiger, Mönch und Toggenburger». Und liess neben den Bergen den höchsten Kran aus dem Nebelmeer ragen. Agenturen wie GGK, Aebi & Partner oder Stalder & Suter verkauften die Menschen für intelligent. Was ich hier sah, war viel origineller als die doofe Werbung, der ich sonst begegnete. Dies hat mein Interesse geweckt.
Sie gehören zu den meistausgezeichneten ADC-Mitgliedern. Können Sie sich noch an Ihre ersten Würfel erinnern?
Ruf: Ja, denn das erste Mal ist bekanntlich am schönsten. Es war 1989, ich gewann als Jungspund den Sonderpreis Text für eine abenteuerliche Swatch-Kampagne für Publicis. Der Würfel rutschte mir auf der Bühne vor Aufregung fast durch die Hände. Am Montag darauf hatte ich ein entspanntes Lohngespräch mit Fredy Collioud.
Knecht-Lanz: Meinen ersten Goldwürfel bekam ich in den 1990er-Jahren für die Triumph-Dessous-Kampagne für Wirz. Unsere Aufgabe war es, die Marke zu entstauben und für ein jüngeres Publikum attraktiv zu machen. Die Headlines waren von frivoler Doppeldeutigkeit und würden – Huch! – heute wohl als unkorrekt betrachtet werden.
War es früher einfacher, frische, freche Werbung zu machen?
Knecht-Lanz: Martin Suter schrieb bereits 1993 im Vorwort des ADC-Jahrbuchs: «Gerade in einer Zeit, in der man mit überraschenden, unterhaltenden, frechen, noch nie dagewesenen Wegen viel Geld sparen könnte, ziehen sich Auftraggeber und Auftragnehmer ängstlich auf das vermeintlich Sichere, weil Bewährte zurück.» Der Satz hat leider nichts von seiner Gültigkeit verloren.
Ruf: Hinzu kommt: Bei pointierten Lösungen ist heute immer gleich jemand empört und gefällt sich darin, seiner subjektiven Betroffenheit lautstark Ausdruck zu verleihen. Dieser negative Narzissmus, wie eine Psychoanalytikerin es einmal treffend nannte, führt vielerorts zu einer zaghaften Haltung.
Gibt es Awards, an denen Sie noch teilnehmen?
Ruf: International noch an der Werbe-WM in Cannes, aber nur sehr selektiv. National noch beim Swiss Out of Home Award, aus Leidenschaft für das wunderbare Medium Plakat. Leider gerät es zunehmend ins Visier rot-grüner Fundamentalisten, die alles verbieten wollen, was nicht in ihr Weltbild passt.
Werden Sie selber in Cannes an der Croisette vor Ort sein?
Ruf: Nein, ich feiere dieses Jahr lieber das Festival of Love: Ich heirate Ende Juni meine langjährige Lebenspartnerin Catherine Martin.
Sie haben es vorher angetönt: Überall ist von Werbeeinschränkungen und Plakatverboten in den grossen Städten die Rede. Was bedeutet dies für die Werbebranche?
Knecht-Lanz: Dies hat der Dachverband KS/CS Kommunikation Schweiz auf diesem Portal neulich bereits fundiert beschrieben.
Ruf: Nur eine kleine, entlarvende Ergänzung: In Zürich will neuerdings die Alternative Liste gegen Aussenwerbung vorgehen. Auf der Website derselben Partei steht über den letzten Wahlkampf: «Die Plakate sind fertig gestaltet und Aushänge an stark frequentierten Stellen reserviert.» Laut Budgetübersicht wurde der grösste Betrag (CHF 72’000.–) für Aussenwerbung ausgegeben. So viel zum Thema Glaubwürdigkeit.
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