persönlich.com, 15. März 2020

PLAKATE HABEN NICHTS VON IHRER KRAFT EINGEBÜSST.

«Für solche Einfälle wühlen wir uns gerne tief und lustvoll ins Thema ein», sagt Markus Ruf von der Agentur Ruf Lanz. (Bild: zVg.)

 

Die Agentur Ruf Lanz war der grosse Gewinner des Swiss Poster Awards. Mitinhaber Markus Ruf spricht im Interview über ausgezeichnete Plakatkampagnen, die aktuelle Kampagne des BAG und Homeoffice.

von Matthias Ackeret

Herr Ruf, herzliche Gratulation zum grossartigen Erfolg beim Swiss Poster Award. Was ist eigentlich Ihr Erfolgsgeheimnis, um über so viele Jahre so kreativ und auch erfolgreich zu sein?

Kein Geheimnis, aber eine Überzeugung: Es braucht einen Einfall, der die Botschaften unserer Kunden so überraschend verpackt, dass das übersättigte Publikum sie überhaupt hören möchte und goutiert. Für solche Einfälle wühlen wir uns gerne tief und lustvoll ins Thema ein. Es ist wie bei den Trüffelschweinen: Die gehaltvollsten Knollen liegen selten an der Oberfläche.

Welchen Stellenwert nimmt das Plakat heute für eine Kreativagentur ein?

Plakate haben auch im digitalen Zeitalter nichts von ihrer Kraft eingebüsst. Im Gegenteil: Als markantes Statement im öffentlichen Raum verleihen sie Marken gerade in der heutigen fragmentierten Medienwelt Grösse und Relevanz. Das haben längst auch jene Unternehmen erkannt, die vom Onlinehandel leben. Die beim Swiss Poster Award ebenfalls ausgezeichnete Digitec-Galaxus-Kampagne ist ein exzellentes Beispiel dafür.

Welches ist die grösste Schwierigkeit bei der Plakatkonzeption?

Ein Bildhauer hat mal gesagt: «Es ist ganz einfach, die Skulptur eines Löwen zu schaffen – man muss nur alles weghauen, was nicht nach Löwe aussieht.» So verhält es sich auch mit einem guten Plakat. Es ist die Kunst des Weglassens, die Reduktion auf den Kern der Idee. Wer fünf Dinge gleichzeitig sagen will, wird zwangsläufig scheitern.

Zu einer guten Kampagne gehört auch ein guter Auftraggeber. Hat sich diesbezüglich etwas geändert in den letzten Jahren?

Wir haben das Glück, viele langjährige Auftraggeber zu haben, die aufgrund der erfolgreichen Zusammenarbeit Vertrauen in unsere Fähigkeiten haben – und die auch wirklich entscheiden können. Letzteres ist leider nicht mehr selbstverständlich heute. In den letzten Jahren wurde alles viel gremiumslastiger. Je grösser die Gruppe der Leute ist, die sich einbringen und vor ihren Vorgesetzten durch besonders kritische Voten profilieren wollen, desto weniger Ecken und Kanten hat das Resultat am Ende.

Hätte Sie die Aufklärungskampagne des Bundesamtes für Gesundheit zum Coronavirus interessiert?

Ruf Lanz ist bekannt für verblüffende Dramatisierungen und Inszenierungen. Diese braucht es hier für einmal nicht, denn das Virus sorgt leider schon für genug Drama. Ich finde, die Kampagne informiert die Bevölkerung klar und prägnant auf allen Kanälen. Jeder weiss, was zu tun ist. Ein solider Job unter schwierigen Umständen.

Wie steht es in Ihrer Agentur mit Homeoffice?

Seit Montag arbeiten wir zu 100 Prozent im Home Office. Wer das Privileg hat, sein Unternehmen so organisieren zu können, sollte dies tun. Damit im ÖV und im öffentlichen Raum mehr Platz ist für jene, deren Anwesenheit für die Versorgung in unserem Land wichtig ist: die Apothekerin, die Supermarkt-Kassiererin, der Pöstler, usw. Distanz ist momentan das einzige Mittel gegen die weitere Ausbreitung des Virus.

Welche Kampagne hat Sie in letzter Zeit besonders beeindruckt?

Für einmal keine Kampagne, sondern die musizierenden Italienerinnen und Italiener in den Quarantäne-Zonen. Da wird auf den Balkonen u. a. gemeinsam das Lied «Grazie Roma» gesungen, in dem es heisst: «Sag mir, was es ist, das uns das Gefühl gibt, zusammen zu sein, auch wenn wir getrennt sind.» Ein herzerwärmendes Beispiel für Gemeinsinn und Lebensfreude in diesen unsicheren Zeiten.

 

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