Sonntagszeitung, 24. Juni 2001
UMWORBENES TRAUMPAAR.
Viel Vorschusslorbeeren für zwei Werber des Jahres: Danielle Lanz und Markus Ruf gründen gemeinsam eine Agentur.
Die Kisten sind fast alle ausgepackt. Holztische, ein Corbusier-Sofa und neue Gestaltungscomputer verheissen in den Jugendstilräumen an der Züricher Eidmattstrasse baldiges Arbeiten. «Einzig die Kaffeemaschine fehlt noch», sagt Danielle Lanz.
Am 1. Juli wird die Werbeagentur Ruf Lanz offiziell gegründet. Die Inhaber der Anlaufstelle für gute Ideen sind die beiden Werber Danielle Lanz, 32, Werberin des Jahres 1999 und Markus Ruf, 38, amtierender Werber des Jahres 2000. Das neue Traumpaar der Schweizer Werbeszene hat sich gefunden, weil beide Partner «zur selben Zeit dasselbe wollten.»
Die Werberehe ist nicht überraschend. Beide arbeiteten zuletzt frei für Agenturen, wollten sich nicht mehr binden. Einzig mögliche Steigerung: eine Firma gründen, mit einem Partner, der die gleiche Wellenlänge hat. «Eine sechsjährige Probezeit haben wir hinter uns», gesteht Markus Ruf. Bis vor zwei Jahren waren die beiden privat ein Paar.
In der Zürcher Jugendstilvilla haben sie jetzt hälftig das Sagen. «Jeder hat eine sechsstellige Summe als Startkapital eingebracht», sagt Danielle Lanz. Im Vergleich zu einem Pizzabäcker, der ein eigenes Geschäft eröffnen will, ein moderates Investment. Dennoch wird vorerst mal budgetiert. Markus Ruf: «Wir wollen die Fixkosten gering halten.» Für Beratung und Strategie fungiert Katja Barlogis, die früher bei der Agentur Jung von Matt an der Limmat tätig war. Fürs erste Geschäftsjahr wird der Break-even erwartet. In fünf Jahren sollen es 15 Mitarbeiter sein und ein jährlicher Umsatz von rund vier Millionen Franken.
Die jungen Werber sind alte Hasen. Danielle Lanz gewann als 15-jährige bei einem Anzeigenwettbewerb für Toni Joghurt eine goldene Anstecknadel.
Nach einer Ausbildung als Grafikerin bei der ehemaligen Agentur Aebi & Partner arbeitete sie als Art Directorin bei Publicis Farner und bei Wirz. 1998 stieg sie als jüngste Art Directorin der Schweiz freischaffend bei Guye & Partner ein. Aufsehen erregte Danielle Lanz mit ihrer Kampagne für die Zürich Versicherung (die mit den Tieren) und die Triumph-Werbung, in der sie statt eines Sport BHs zwei Tennisbälle zeigte.
Der gelernte typografische Gestalter Markus Ruf fing 1985 bei der damaligen Agentur Grendene & Lanz als Texter an, wechselte zu Advico, GGK und Publicis. Seit sieben Jahren arbeitet er als Freelance-Konzepter für Wyler Werbung oder Guye & Partner. Vielfach ausgezeichnet wurde er als Konzepter für Kunden wie «Das Magazin» oder SSR Reisen. Für Aufsehen sorgte auch der Sprachschulenspot, der die Zuschauer mit dem Hinweis erschreckte, es gäbe im folgenden Italienischen Film keine deutschen Untertitel.
Vorab mag die Schweizer Werbewelt den frisch Liierten die Flitterwochen nicht vermiesen. Altwerber Jean-Etienne Aebi von Publicis glaubt, «Ruf Lanz habe die Möglichkeit, erfolgreich zu werden: Ich wünsche den beiden überdurchschnittlichen Talenten das Beste und finde es schön, dass Junge es wissen wollen».
Ruf Lanz konzentriert sich auf die Aufmerksamkeit der Konsumenten. Zu viele Gratisblätter, zu viele Inserate stürmen täglich auf diese ein. «Es ist heute wichtiger denn je, dass man beim Wort Zielpublikum nicht nur ans Ziel sondern auch ans Publikum denkt», sagt Ruf. «Sonst wird das Inserat überblättert, und der TV-Spot löst beim Betrachter höchstens das Bedürfnis aus, sich an ein stilles Örtchen zu verziehen.»
Pingelig ist Ruf Lanz, wenn es um den geringen Teil des Werbekuchen geht, der «herausfordernd und interessant» ist. Nur den haben sie im Auge. «Leider ist der überwiegende Teil eine intellektuelle Belästigung», findet Lanz. Darum heisst das Credo der Agentur auch qualitatives Wachstum. In diesem Sinne wurde die erste Kampagne lanciert: Eine Kampagne für die Modekette Big. Im Gespräch sind Kunden aus dem Einrichtungs-, dem Tourismus- und dem Computerbereich. «Vielleicht», so Danielle Lanz, «schaffen wir es längerfristig, den Anteil an spannender Werbung in der Schweiz zu erhöhen.»
Konzepter wie Markus Ruf suchen heute eher visuelle Analogien als früher. Werbebotschaften sollen effektvoller transportiert werden. Waren in den Siebzigerjahren Wortspiele angesagt – präsentiert nach dem Strickmuster ein Produkt, ein Spruch –, so zählt heute die verblüffende Inszenierung des Produktenutzens. Immer öfter werden Werbebotschaften wortlos präsentiert. Sonnengerötete Zehenspitzen an bleichen Füssen etwa, die für den Wonderbra-BH werben, stehen in erster Linie für eine Bildidee und sollen den Nutzen des Produktes kreativ hervorheben. Auf den Rest kommt der Konsument im besten Fall dann selber. Solche Werbung funktioniert wie ein guter Witz. Man versteht die Pointe, ohne dass sie erklärt wird.
Heikel bleibt der Flirt mit Trends. Rasch wird es peinlich, wenn eine Werbekampagne auf den unbeständigen Geschmack der Jugendlichen zugeschnitten wird: Hängen die Plakate mit Snowboard Sujets endlich, ist die Zielgruppe längst auf und davon. «Der einzige Trend, den wir verfolgen wollen, ist der hin zur guten Idee», meinen Danielle Lanz und Markus Ruf unisono.
Wie erfinderisch die Agentur sein wird, wird sich zeigen. Zielstrebig ist das Werbepaar auf jeden Fall. Dafür sorgt nicht zuletzt ein zweijähriges Schwangerschaftsverbot für die Mitinhaberin. Und das Versprechen von Markus Ruf, sein Handy wenigstens ab und zu einzuschalten.
Von Delia Lenoir.